Mitteilung von Munich Cowboys vom 26.07.2007

Die Cowboys fühlen sich wohl im neuen Umfeld

Kurioses und Bewegendes

Das Wichtigste zuerst, nach vier Wochen WM-Pause: Jerome Morris’ Ballonfrisur ist ab, die dunkelbraunen Locken einfach wegrasiert, einer Wette geopfert. Womöglich war es dieser neue Look (oder Morris’ Leistung auf dem Rasen?), die den Fanclub Wild Bells so sehr beeindruckte, dass die Wild Bells den 19-Jährigen zum Most Valuable Player (MVP) kürten. Die andere Neuigkeit lautet: Auch in der Rückrunde geht die Siegesserie der Munich Cowboys weiter. Sie gewinnen erstaunlich deutlich, mit 30 Punkten Vorsprung. Nach dem 37:7 gegen die Wiesbaden Phantoms führen die Cowboys die Tabelle der Südstaffel der Zweiten Bundesliga Süd mit nun 15:1 Punkten an. Ist der überragende kämpferische Einsatz des 19-jährigen Running Backs Jerome Morris fast schon selbstverständlich geworden, so waren gegen die Phantoms aber ein paar überraschende Umstellungen des US-Coaches John Rosenberg zu entdecken. Der hatte in der Sommerpause genügend Zeit, die taktische Ausrichtung „abzustimmen und zu verändern“, wie er in der neuesten Ausgabe der Vereinszeitschrift schreibt.

Gegen Wiesbaden kamen nicht weniger als 50 Cowboys-Spieler zum Einsatz, darunter zahlreiche Debütanten wie zum Beispiel die Brüder Daniel und Oliver Schober. Erstaunlich dieses rege Ein- und Auswechseln. Denn Wiesbaden ist nicht irgendein Gegner. Und es gab weitere Überraschungen: Nicht die Top-Scorer der Vorrunde, Pascal Maier und Travis Harvey, sondern Running Back Dominique Kandolo erzielte drei der fünf Münchner Touchdowns. Die Aufgaben innerhalb des Teams hat Rosenberg kurzfristig neu verteilt: Bei allen Field-Goal-Versuchen, Zusatzpunkten und Kick Offs trat erstmals die Nummer 95 der Munich Cowboys, Wolfgang Scheitzeneder, gegen den eiförmigen Ball. „Zu Saisonbeginn habe ich viele Spieler überhaupt nicht gekannt. Ich musste ihre Namen und Fähigkeiten erst studieren“, sagt Rosenberg,  Football-Coach mit Harvard-Abschluss. Inzwischen sei er überzeugt, „dass die Cowboys eine großartige Zukunft haben.“

Als sich beide Mannschaften vor Spielbeginn kerzengerade, wie mit dem Lineal gezogen vor den Zuschauern auf der Haupttribüne aufstellten, hielt das Dantestadion für einige Sekunden inne. Die Zuschauer erhoben sich von ihren Plätzen. Eine bewegende Schweigeminute für den früheren Cowboys-Geschäftsführer Max Staamann, der Ende Juni mit nur 48 Jahren an einem plötzlichen Herzversagen starb. Er hätte Freude gehabt am farbenfrohen Heimspiel unter weißblauem Sommerhimmel: Der Rasen vom nächtlichen Gewitterregen tiefgrün getränkt. Die Cowboys Cheerleader schwarz gekleidet auf der roten Tartanbahn. Und auf dem Feld dunkelblaue Phantoms gegen Cowboys in sonnengelb leuchtenden Jerseys.

Das alles beeindruckt offenbar auch John Rosenberg, der das verbesserte Umfeld „auf und neben dem Spielfeld“ lobt. Damit meint der US-Amerikaner die Vorführungen der Cowboys Cheerleader in der Halbzeitpause, die zahlreichen Essenstände mit leckeren Ham- und Cheeseburgern neben der Haupttribüne, die zu einem US-Sport einfach dazugehören. Und die After Game Party im Augustiner am Dante, die der Verein zusammen mit einem Sponsor nach jedem Heimspiel organisiert. „Jedes Cowboys-Mitglied hat zu diesen positiven Veränderungen beigetragen“, sagt Rosenberg. „Auch zum sportlichen Erfolg, den wir derzeit haben.“

Das Cowboys-Team scheint sich wohl zu fühlen in diesem Umfeld und zeigt seit Saisonbeginn entsprechende Leistungen auf dem Football-Feld. Der 26-jährige Dominique Kandolo etwa, der gegen die Phantoms seine bislang beste Saisonleistung ablieferte. Rosenberg nennt ihn einen „hervorragenden Running Back“. Gleich zu Spielbeginn überwand der 1,83 Meter große, 85 Kilogramm schwere Kandolo die entscheidenden zwei Yards zur Endzone – und zur 6:0-Führung. Schnell erhöhten die Cowboys auf 10:0 Punkte. Als die Hessen im zweiten Viertel auf 7:10 herankamen, war es erneut Kandolo, der die Cowboys davonziehen ließ, mit seinem zweiten Touchdown zum 16:7. Was für ein Lauf! Die Phantoms-Abwehr glaubte Kandolo schon am Boden. Doch der stand, lief weiter, fast 20 Yards durch die Redzone der Hessen, bis über die Goalline. Ein ähnliches Kunststück probierte der 26-Jährige im dritten Viertel noch einmal, mit Erfolg: das 30:7.

Die Phantoms-Abwehr machte keine gute Figur, Wiesbadens Cheftrainer Michael Treber entschuldigte sich mit einer langen Verletztenliste. Die wurde gegen die Cowboys – und trotz eines fairen Spiels – noch etwas länger. Treber muss froh sein, dass Davis Matz zurückgekehrt ist, der zu Saisonbeginn zu den Marburg Mercenaries gewechselt war. Mit 81 Rushing Yards in der Endabrechnung lag Matz fast gleichauf mit Jerome Morris, für den die Statistik-Crew an diesem Spieltag 91 Rushing Yards zählte. Doch auch Davis Matz musste der wachsamen Cowboys-Abwehr um WM-Rückkehrer Stephan Seidel Tribut zollen. Bei der Pressekonferenz sagte Matz: „In Sachen Härte steht die Zweite Bundesliga der GFL in nichts nach. Das habe ich schon vor drei Jahren gegen die Cowboys gemerkt, als sie uns körperlich genauso überlegen waren.“

Die Zuschauer quittierten das zupackende Cowboys-Spiel mit dankbarem Applaus. Und Coach Rosenberg konstatierte: „Wir sind im Saisonverlauf immer stärker geworden. Glücklicherweise haben wir kaum Verletzte zu beklagen.“ Er verfüge derzeit über mehr Spieler, als er einsetzen könne, das sei eine sehr komfortable Situation: „Die mentale, psychologische Verfassung meiner Mannschaft ist hervorragend.“ 

Trotz des insgesamt gelungenen Auftritts sollten die Cowboys in der Rückrunde nicht übermütig werden. Der klare 37:7-Sieg gegen Wiesbaden täuscht ein wenig darüber hinweg, dass das Spiel bis zur Halbzeit spannend blieb und der Ausgang ungewiss schien. So schafften die Phantoms eine Minute vor dem Pausenpfiff noch ein First Down an der 23-Yard-Line der Münchner. Dass die Hessen dabei nicht auf 13:17 herankamen, war allein der Geistesgegenwart von Abwehrspieler Daniel Ferrer zu verdanken, der einen gefährlichen Pass lehrbuchmäßig abfing. Als die zweite Hälfte begann, führte der wieselflinke Quarterback Travis Harvey mit dem Touchdown zum 23:7 die Cowboys zum Sieg. Mit einem Lauf über nahezu 20 Yards, vorbei an einem Dutzend Phantoms-Spielern.