Mitteilung von Munich Cowboys vom 02.07.2007

Ebenbürtig auf Platz 1

Die Szene war symptomatisch. Zumindest für das Match bei den Franken Knights, wenn nicht sogar für die gesamte Hinrunde der Munich Cowboys. Beim 28:28 schrammten die beiden noch ungeschlagenen Teams der Liga an ihrer ersten Niederlage entlang. Genau sieben Sekunden vor dem Ende ergab sich für Franken die Chance, ein Field Goal zu erzielen. Doch der etatmäßige Kicker der Knights, der den Kunstschuss mit dem Football-Ei ausführen sollte, konnte zum Entsetzen der fränkischen Fans nicht mehr antreten. Seine Kraft war verbraucht. Er musste mit Krämpfen auf dem Feld verarztet werden. Die Cowboys hatten ihn müde gespielt.

So erreichten die Münchner Footballer das für ihre Aufstiegschancen so wichtige Unentschieden. Auch die übrigen Spiele der Hinrunde gewannen die Munich Cowboys oft nur mit einem Touchdown Vorsprung. Knapp, aber nie unverdient. Sechs Siege und ein Unentschieden stehen im Zwischenzeugnis. Der andere Klassenprimus sind die Franken Knight: Sie bezwangen schwächere Gegner deutlicher, bekamen aber ausgerechnet im letzten Heimspiel vor der WM-Spielpause ihre Grenzen aufgezeigt.

Dass die Cowboys und die Knights in dieser Saison Tabellennachbarn sein würden, da waren sich die Experten so sicher, dass sie mit ihren Tipps bei beiden Mannschaften komplett daneben lagen. „Platz drei bis sechs", „Nachbarn im Mittelfeld der Tabelle", so lauteten die Saison-Prognosen in den Internetforen. Cowboys und Knights hinter „den gewohnt starken" Blackhawks, Wildcats und Phantoms, hieß es. Doch tatsächlich sammelten zur Hälfte der Spielzeit in der Zweiten Bundesliga die Cowboys 13:1, die Knights 11:1 Zähler. Die vermeintlichen Favoriten sind mit sechs, sieben oder acht Minuspunkten weit abgeschlagen. Das fränkisch-oberbayerische Duell an der Tabellenspitze dürfte also bis zum letzten Spieltag, an dem beide erneut aufeinandertreffen, weitergehen.


„Dieses Cowboys-Team", sagte Münchens Cheftrainer John Rosenberg nach dem Duell mit den fränkischen Rittern mit ein wenig Dramatik in der Stimme, „hat im letzten Jahr Schlimmes erlebt. Die Mannschaft hat in dieser Saison Großartiges geleistet, um hier ebenbürtig neben Franken Knights stehen zu können. Ungeschlagen, auf Platz eins der Tabelle." Als das Spitzenspiel beim Stand von 28:28 abgepfiffen wurde, wusste Rosenberg zunächst dennoch nicht, ob er glücklich oder traurig sein sollte. „Right in between", raunte er im typischen West-Coast-Akzent. „Fifty-fifty". Denn da waren einerseits die letzten Sekunden mit der ungenutzten Gewinnchance der Franken. Andererseits vergaben die Cowboys eine komfortable 22:14-Führung im Schlussviertel.


Als sich nach dem 22:28-Rückstand herausstellte, das Team besitzt Moral, die mentale Verfassung ist intakt, huschte zum ersten Mal in dieser Saison ein Lächeln über Rosenbergs Gesicht. Auch Cowboys-Präsident Werner L. Maier meinte, er sei „glücklich, dass die Mannschaft nicht auseinandergefallen ist", sondern bis zum Schlusspfiff weitergekämpft habe. „Für mich ist wichtig, dass die Cowboys hier nicht überrannt worden sind, wie es viele Leute erwartet haben. Jeder Spieler weiß jetzt, wo er steht, muss seine Lehren ziehen und an sich arbeiten", sagte der Kapitän der 93er-Meistermannschaft. „Ich bin sehr zuversichtlich für den Rest der Saison." Markus Schuster, früherer Knights-Spieler und heute Sportlicher Leiter der Cowboys, meinte: „Hier haben sich zwei Teams getroffen, die auf dem selben Level Football spielen".


Aber warum konnte das zwischenzeitliche 22:14, das die Cowboys durch einen Traumpass von Travis Harvey über 30 Yards auf Wide Receiver Andreas Korzenietz sehenswert herausgespielt hatten, nicht in einen Sieg gegen umgemünzt werden? „Big mistakes", urteilte der Cheftrainer aus dem südlichen Kalifornien. Übersetzt ins Deutsche klingt Rosenbergs Analyse der zwei gegnerischen Touchdowns in den Schlussminuten so: „Ein schwerer Fehler eines unserer Spieler, der durcheinandergekommen und dann ausgerutscht ist. Der andere Touchdown war eine großartige Szene eines Franken-Spielers. Der ist an allen Abwehrspielern vorbeigelaufen."


Gemeint war eine Energieleistung der Nummer Neun der Franken, Oliver Rohn, mit insgesamt 14 Punkten bester Scorer der Franken im Spitzenspiel. „Den letzten Touchdown hätte ich verhindern können", fügte ein selbstkritischer Basar Alici hinzu. Der Linebacker der Munich Cowboys war angeschlagen in das Match gegangen und dieses eine Mal nicht zur Stelle. Quarterback Travis Harvey bügelte die Unachtsamkeit der Cowboys-Abwehr aus, in dem er kurz vor Schluss noch einmal selbst zum Touchdown lief.


Das Endergebnis von 28:28 atmet Gerechtigkeit. Die Cowboys setzen auf den Heimvorteil im Rückspiel. „It’s impossible to say anything", wehrt sich Rosenberg gegen die Aufforderung, eine Prognose abzugeben: „That’s soooo down the road". Ob die Cowboys in Richtung Relegation gehen, davon will der Kalifornier zur Saisonmitte noch nicht sprechen. Nachvollziehbar, denn meist sind diejenigen Trainer am erfolgreichsten, die nur von Spiel zu Spiel denken. Derzeit denkt Rosenberg an den 22.Juli. Dann kommen die Wiesbaden Phantoms nach München. Später, Ende August, die Blackhawks und die Ants. Auch da müsse man erst mal gewinnen, mahnt der US-Amerikaner.


Das Rückspiel gegen Franken Knights im Münchner Dantestadion steigt übrigens am 9. September – ausgerechnet! Wer hat sich nur diesen Spieltermin ausgedacht? 9.9. – das klingt nach einem erneuten Unentschieden. Nach einem 19:19 oder 29:29. Und einem Field-Goal-Versuch, sieben Sekunden vor dem Schlusspfiff.