Mitteilung von Munich Cowboys vom 22.05.2007

Offense Line entscheidet

Das Problem hemmte Trainer und Spieler und verdarb eine ganze Spielzeit. Die Offense Line der Munich Cowboys agierte in der vorigen Saison oft unglücklich, weil sie a) über zu wenig Personal verfügte und b) den eigenen Quarterback zu wenig zu schützen vermochte. Taktisch wie strategisch sei die Offense Line der Cowboys 2006 denkbar schlecht eingestellt gewesen, sagt Wolfgang Hartung, der seit Jahresbeginn im Trainerstab von John Rosenberg diesen wichtigen Mannschaftsteil leitet: „Letztes Jahr hatten wir eine Sammlung von Spielzügen – dieses Jahr steckt wieder ein System dahinter“. Ein System mit Erfolg, wie der 20:13-Sieg der Cowboys am Sonntag in einem dramatischen Derby gegen die favorisierten Kirchdorf Wildcats zeigte. Und nicht nur der: Seit Saisonstart am 5. Mai in Wiesbaden glänzen die Linemen der Munich Cowboys in ihren nagelneuen, goldgelben Trikots.

Sie sind die stillen Stars im American Football. Quarterback und Passempfänger stehen im Rampenlicht, doch die Drecksarbeit machen die Spieler, deren Aufgabe es ist, dem Quarterback die nötige Zeit zu verschaffen, den Ball an den richtigen Mann zu bringen. Die Linemen sind die größten und schwersten Spieler im Team und blocken dem Ballträger den Weg frei. Es muss also stimmen, das Zusammenspiel von Center, Guards und Tackles mit Quarter- und Runningbacks. Line-Coach Wolfgang Hartung hat bis auf ein, zwei Zugänge „das gleiche Spielermaterial“ zur Verfügung wie die Trainer im Vorjahr. Doch seine Linemen haben seit dem Winter intensiv im Kraftraum gearbeitet. In einem Trainingscamp Ende März tüftelten und trainierten Hartung und John Rosenberg an der neuen Aufstellung. „Wir haben ein Spielsystem etabliert“, meint Hartung, „in dem wir Stärke, Kraft und Schnelligkeit gut miteinander kombinieren.“

Das zahlt sich nun aus – beim Sieg gegen die Wildcats war das erneut zu beobachten. Big Plays wie der 35-Yard-Pass im Schlussviertel von Quarterback Travis Harvey bis in die gegnerische Endzone, der zum 19:13 durch Andreas Korzenietz führte, wird damit der Weg geebnet. Cowboys-Quarterback Harvey räumt zwar derzeit selbst ein, dass seine riskant geworfenen Pässe oft das Ziel verfehlen. Doch das Zusammenspiel von Harvey mit seiner Offense Line funktioniert. „Selbst wenn wir viele Pässe nicht mit einem Touchdown abschließen, ist das unser Spiel“, sagt John Rosenberg. Harvey ist ein erfahrener Footballer, der ein Spiel lesen kann und im entscheidenden Moment ein gutes Auge für einen Pass, der für den Gegner tödlich sein kann.

Funktioniert diese Strategie nicht, folgt Plan B. Dann schnappt sich der 19-jährige Running Back Jerome Morris den Ball und läuft durch die gegnerischen Reihen. „Er versteht sich derzeit blind mit der Offense Line“, lobt Wolfgang Hartung. Gegen die Wildcats, bis zum Spiel in München noch Tabellenführer, sorgte auch Wide Receiver Pascal Maier wieder für Punkte. In der stürmischen Anfangsphase der Cowboys verwandelte er ein Zuspiel von Travis Harvey zum 6:0. Pascal Maiers bisher hundertprozentige Trefferquote als Kicker hielt dagegen nicht: Im zweiten Viertel scheiterte er mit dem Versuch, ein Field Goal zu erzielen, im Schlussviertel vergab er einen Zusatzpunkt zum 14:13.

Auch für Jerome Morris war es gegen die Wildcats ein emotionales Auf und Ab: Nach starkem Beginn mit vielen guten Läufen verlor Morris einen sicher geglaubten Ball. Da mehrere Cowboys-Spieler meinten, die Schiedsrichter hätten abgepfiffen, pickte Kirchdorfs Linebacker Johannes Geser das Football-Ei auf und brachte seine Mannschaft mit 13:7 in Führung. Mit Wut im Bauch startete Morris die Schluss-Offensive der Cowboys und erzielte zu Beginn des vierten Viertels einen Touchdown zum Ausgleich.

Kirchdorfs Head Coach Jürgen Roßmanith sagte später in der Pressekonferenz, die Offense Lines hätten das oberbayerische Derby entschieden: „Die waren beide sehr gut“. Was Roßmanith meinte, war die Szene in der Mitte des Schlussviertels, als die Offense Line der Munich Cowboys Travis Harvey die gegnerischen Angreifer erneut die entscheidenden Sekunden vom Leib hielt. Dem genug blieb Raum und Zeit, um für seinen Traumpass über 35 Yards auf Andreas Korzenietz in der Endzone Maß zu nehmen. Und dieser Touchdown entschied ein umkämpftes Spiel, in dem dreimal die Führung wechselte.

Wildcats-Spieler und Quarterback der österreichischen Football-Nationalmannschaft Andreas Diwald war über die verlorenen Punkte im Dantestadion mehr als enttäuscht. „Natürlich sind wir nach München gekommen, um zu gewinnen“, resümierte der National-Quarterback und meinte: „Wir haben den Ball zwar jedes Mal bewegt, waren aber zu blöd, eine Angriffsserie zu beenden.“ Die Cowboys, auf Platz zwei der Tabelle geklettert, können sich nach dem dramatischen Derby-Sieg allerdings nicht ausruhen: Schon Pfingstsonntag geht es zum selbsternannten Top-Favoriten der Liga, den Plattling Black Hawks. Die haben „ein sehr ansehnliches Passspiel“, meint John Rosenberg, Zudem einen Quarterback, der kürzlich vom Erstligisten Kiel Hurricanes nach Plattling wechselte. Und noch etwas: Eine funktionierende Offense Line haben die Black Hawks auch.