Mitteilung von Munich Cowboys vom 18.07.2006

Auf dem Weg in die NFL

Das Abenteuer NFL begann an einem Ort, an dem  der frühere Cowboys-Spieler Ulrich Winkler zuletzt Football spielte und den Titel der europäischen Spitzenliga gewann. Montag Vormittag, um 11.20 Uhr mittags, hob Ulrich Winklers Flug- zeug mit dem Ziel Cleveland (Ohio) vom Frankfurter Rhein-Main-Flughafen ab. Im Rahmen des NFL International Development Practice Squad Program wird der 22-jährige Münchner ein Jahr lang bei den Cleveland Browns mittrainieren. Acht Footballer der europäischen Eliteklasse NFLE genießen dieses Privileg. Am Ende des Probejahres könnte eine Karriere in der US-Profiliga NFL stehen. „Ich habe jetzt die Chance, mich dort zu empfehlen und 2007 einen Vertrag angeboten zu bekommen“, sagte Winkler bei seinem Abschied in München.


Ulrich Winkler, Defensive End der Frankfurt Galaxy, ist offenbar einer der ersten Footballer des NFL-Aufbauprogramms, die von ihrem Team benachrichtigt wurden: „Sie haben mir gesagt, dass ich eine Woche früher kommen soll, damit ich mich akklimatisieren kann“, sagt er. Die letzten Tage seien aber ziemlich hektisch gewesen. Im US-Generalkonsulat in London musste Winkler für seinen neuen Job Visum und Steuernummer beantragen. Weil der baumlange Abwehrspieler zuletzt an einem Trainingscamp der NFL Europe in Tampa Bay (Florida) teilgenommen hat, kennt er den Lebenswandel in den Staaten schon ein wenig. Auf einer Positiv-/Negativliste hat er seine bisherigen Erfahrungen notiert: Mit einem Plus versehen sind „die netten Leute und die Atmosphäre des Landes“. Mit einem Minus, „dass es keine Semmeln gibt“, wie er leidvoll feststellen musste: „Das bayrische Essen werde ich sehr vermissen. Leider darf man nichts Essbares in die USA einführen, sonst hätte ich etwas Hausmannskost von meiner Mutter mitgenommen.“

Eines aber kennt er von zuhause: Training, Training, Training. Mehr ist zunächst auch nicht vorgesehen, Einsätze in der NFL sind tabu. „Selbst wenn sich ein Spieler auf meiner Position verletzen sollte, darf ich von den Cleveland Browns nicht aktiviert werden“, sagt Winkler, der diese Regel als Teil des Profigeschäfts jedoch akzeptieren wird. Der größte Trost ist das NFL-Mindestgehalt, das allen Nachwuchsspielern des Aufbauprogramms zusteht. „In zwei Wochen verdiene ich genauso viel, wie ich in der NFL Europe bekommen hätte“, erzählt er. Kostenlos für die NFL-Lehrlinge ist eine exzellente Ausbildung: „Ich weiß dass die Cleveland Browns einen guten, spielerfreundlichen Head Coach haben – wenn man bei irgend einem der 32 NFL-Teams überhaupt von schlechten Trainern reden kann.“

Für Winklers ersten Coach Hesham Khalifa, Jugendtrainer der Munich Cowboys, ist der 22-jährige NFL-Volontär das Parade-Beispiel, „wie man sich als junger Footballer entwickeln kann“. Groß und dünn, erzählt Khalifa, sei Ulrich Winkler, damals Ersatztorwart des Fußballklubs VfR Garching, zu den Cowboys Juniors gekommen. „Er hat hart an sich gearbeitet“, sagt Khalifa, der einen Spieler bekam, der zwar hoch aufgeschossen war und fangen konnte, aber noch nicht über für einen Abwehrspieler nötige Körpermasse und Geschwindigkeit verfügte. „Doch dann hat der Uli sehr viel Selbstdisziplin entwickelt“, sei mit jedem Jahr besser geworden und habe sich „zu einem der gefürchtesten Defense-Line-Spieler“ entwickelt. „Kein Gegner wollte mehr auf seiner Seite spielen“, schwärmt Khalifa von einem Football-Spieler, der nun nicht mehr zu stoppen war: Bayernauswahl, Junioren-Nationalmannschaft, Europaauswahl. Ulrich Winkler sei „der Traum eines jeden Trainers“, sagt Khalifa.

Der selbst scheint überrascht zu sein, dass  seine Karriere so steil verlaufen ist: „Ich habe viel trainiert, weil ich für die Cowboys in der Ersten Bundesliga spielen wollte“, sagt Winkler rückblickend. „Dass ich in die NFL Europe oder die NFL kommen würde, hätte ich nie gedacht.“ Die Eltern wollten, dass er seine Lehre zum Bank-kaufmann abschließt. Sonst hätte er mit dem Football aufhören müssen. Wohl auch ein Grund, warum Ulrich Winkler, der vor zwei Jahren mit den Munich Cowboys den Wiederaufstieg in die German Football League (GFL) schaffte, mit beiden Beinen am Boden blieb. „Er ist sogar als NFL-Europe-Spieler noch ins Jugend-Training der Cowboys gekommen“, sagt Hesham Khalifa und kann es kaum fassen.

An seinem vorerst letzten Wochenende in München ging Ulrich Winkler noch einmal dorthin, „wo alles seine Wurzeln hat“, wie er gerne betont: Zu den Cowboys Juniors, die in der Jugendliga Bayern gerade die NFA Bulls mit 56:0 besiegten. Von denen wollte er sich „noch mal richtig verabschieden“. Auch von seinem Jugend-Trainer natürlich, bei dem er vor fünf Jahren sein Handwerk gelernt hat. „Als ich zu den Cowboys gekommen bin, wollte ich mal Receiver oder mal Tight End spielen“, erzählt Ulrich Winkler. Doch Hesham Khalifa sah die Sache anders. Und stellte den schlaksigen Fußball-Ersatztorwart aus Garching dorthin, wo dieser bis heute spielt: in die Defense Line.