Mitteilung von Wiesbaden Phantoms vom 24.07.2012

Wunder gibt es immer wieder

Phantoms schlagen die Stuttgart Scorpions in unglaublichen Schlusssekunden mit 21:15. Die Szene im Anschluss an ein völlig aberwitziges, irrsinniges Spielende vor 900 Zuschauern im Helmut-Schön-Sportpark hatte symbolträchtigen Charakter: Ein aufgewühlter Milan Misic suchte und fand den Youngster Thomas Mansour inmitten der jubelnden Spielertraube, griff sich den Nachwuchsspieler und umarmte ihn sekundenlang. Die beiden Hauptdarsteller des Wahnsinns, der sich kurz zuvor abspielte, in stiller Freude vereint.
Mit noch zwei Sekunden auf der Uhr versuchten die Gäste ein letztes Mal ihr Glück und starteten beim Spielstand von 15:15 einen Spielzug von der eigenen 20 Yard-Linie. Wollten mit einem finalen "Big Play" den Sieg erzwingen. Doch der Schuss ging sprichwörtlich nach hinten los. Denn Thomas Mansour jagte Scorpions-Spielmacher Thomas Metzger, brachte ihn zu Boden und schlug zudem noch den Ball aus dessen Händen. Milan Misic griff sich den freien Ball und tankte sich mit der letzten im Körper verbliebenen Kraftreserve und gegen den Widerstand von vier Gegenspielern in die Endzone.
Touchdown Wiesbaden Phantoms, Sieg Wiesbaden Phantoms. Das "Wunder von Wiesbaden" war geboren.
Ausgerechnet Milan Misic. Der Routinier und Mentor der jungen Garde. Der ewige Prediger des "Niemals aufgeben" im Training und während der Spiele. Der Nationalspieler, der sich mit viel Herzblut der Ausbildung zahlreicher junger Eigengewächse nicht nur in der Defense Line angenommen hat und in den letzten Wochen, nach den immer wiederkehrenden Tiefschlägen, zunehmend auch als Psychologe für das kollektive Selbstbewusstsein der Mannschaft gefragt war.
Und eben Thomas Mansour. Ein unauffälliger, trainingsfleißiger Defense Liner, der gerade erst 20 Jahre alt wurde und sich in seinem ersten Jahr im GFL-Team gegen Nationalspieler in der gegnerischen Offense Line behaupten muss. So wie gegen Stuttgart.
Wenn Milan Misic in Zukunft wieder davon berichtet, wie sehr sich ein aufopferungsvoller Einsatz bis zur letzten Spielsekunde bezahlt machen kann, wie wichtig es ist, auch in schier aussichtslosen Situationen den Kopf nicht hängen zu lassen, dann wird er auf diese Sekunden verweisen können. Auf das "Wunder von Wiesbaden". In dem er, der 31-jährige Routinier und Mentor vom unbändigen Willen seines Schützlings Thomas Mansour profitiert hat und beide den ganzen Verein und seine Fans in einen kollektiven Siegestaumel versetzt haben.
Dass es eines solchen "Wunders" bedurfte, um den Tabellenzweiten zu schlagen, der ohne seine US-Spieler Thomas Schneider (Quarterback) und John W. Pike (Defensive Back) anreiste, könnte man indes auch als geradezu symptomatisch für den Saisonverlauf der Phantoms ansehen.
Denn man hätte den angeschlagenen Favoriten, der in der zweiten Halbzeit zudem auf den verletzten zweiten Spielmacher Steffen Haenelt verzichten musste, schon in den 59 Minuten und 58 Sekunden zuvor besiegen können. Doch zwei von den Schiedsrichtern aberkannte Touchdowns in Angriffsserien, aus denen man sich dann punktelos verabschieden musste, und ein Aussetzer in der Passverteidigung beim Stuttgarter 15:15 Ausgleich brachte die Phantoms zunächst um den nicht unverdienten Lohn eines Sieges. Hinzu kam ein bereits verwandelter Extrapunkt nach dem 15:7, der durch eine Strafe negiert wurde und in der Wiederholung prompt schief ging. Es wäre das vorentscheidende 16:7 gewesen, die Scorpions hätten im Anschluss zwei Mal scoren müssen.
Darüber ärgerte sich auch Cheftrainer Sven Gloss in der Pressekonferenz nach dem Spiel: "Natürlich will ich die Freude über diesen unglaublichen Sieg nicht schmälern. Aber ich habe die Jungs darauf hingewiesen, dass wir ohne diese vermeidbaren Fehler das Duell schon viel früher und deutlich hätten für uns entscheiden können!"
So fand man sich im gut gefüllten, weiten Rund nach dem achten Saison-Touchdown von Randy Payne zum 7:7 (55 Yard Lauf) und der zwischenzeitlichen 15:7 Führung durch Richard Edens (37 Yard Pass von Brüngel) mit einem achtbaren Unentschieden gegen Stuttgart ab. Die Scorpions selbst sorgten mit einem Fehler beim Punt durch einen Safety für zwei weitere Phantoms-Punkte und kamen durch Steffen Haenelt (2 Yard Lauf) und Fabian Weigelt (74 Yard Pass von Metzger) zu ihren Touchdowns.
Die Dramaturgie des Spiels wollte es, dass Milan Misic und Thomas Mansour mit einem Lehrbeispiel für unermüdlichen Kampfgeist den so wichtigen zweiten Saisonsieg unter Dach und Fach brachten. Mit dem "Wunder von Wiesbaden", das in der nun schon 28-jährigen Vereinshistorie einen festen Platz einnehmen wird und - derzeit noch wichtiger - das der Mannschaft ein neues Selbstbewusstsein gegeben hat. Denn mit dem amtierenden deutschen Meister aus Schwäbisch Hall wartet am kommenden Wochenende zunächst eine sehr hohe Hürde auf die Phantoms, bevor es in die Duelle gegen die Saarland Hurricanes und Franken Knights geht. Drei schwere Auswärtsspiele in Folge. Da ist Selbstvertrauen gefragt!