Mitteilung von Stuttgart Scorpions vom 08.03.2012

Justin Bernthaler- Ein Skorpion in Übersee

Ehemaliger Scorpions Spieler nun bei den Wyoming Cowboys

Es nahm alles seinen Anfang im Jahre 2004. Justin Bernthaler, damals 14 Jahre alt, hatte bereits etliche Sportarten ausprobiert, bei keiner jedoch hatte er den Eindruck, es sei die richtige für ihn.
So setzte er sich in den Kopf, es entweder mit Football oder mit Boxen zu versuchen. Zu seinem Glück erinnerte sich sein Vater daran, dass dieser Jahre zuvor mit dem Radiosender, für den er arbeitete, eine Promotionaktion unter Mithilfe eines ortsansässigen Footballverein produziert hatte: Die Stuttgart Scorpions. Also zogen Vater und Sohn los und besuchten ein Training der Juniorenmannschaft.

Justin musste danach nicht lange überlegen und stieg unmittelbar ins Training, damals wie auch heute unter Federführung von Michael „Mamba“ Eichel, ein. Schon sehr früh stellte er dabei fest, dass er den Sport gefunden hatte, den er zuvor suchte - und so wurde er ein elementarer Bestandteil der Juniorenmannschaft, für die er bis 2008 auflief.

Eingesetzt sowohl als Defensive- wie auch als Offensive-Liner, schaffte er mit den Junioren den Wiederaufstieg in die GFLJ, war ab 2007 einer der Teamcaptains und wurde von 2005 bis 2008 in die Baden-Württembergische Auswahl berufen. Auch nahm er in dieser Zeit an zwei Junior-Bowls teil (die leider jeweils gegen die Panther aus Düsseldorf verloren gingen) und feierte - als Highlight zum Ende seiner Juniorenzeit - 2008 in Sevilla mit der deutschen Nationalmannschaft den Europameistertitel.
Nach diesem Triumph erfolgte nun der Übergang in das GFL-Team, welchen Justin relativ problemlos meistern konnte. Bis 2010 hatte er hier seinen festen Platz als Defensive End.

Wie die meisten anderen Spieler in Deutschland, träumte natürlich auch Justin davon, für eines der unzähligen Colleges in den USA auflaufen zu dürfen. Jedoch war ihm selbstverständlich bewusst, dass dies für einen Spieler aus der Alten Welt, ohne entsprechende Kontakte, Empfehlungen oder ähnliches nur sehr schwer zu erreichen sein dürfte. Also beschloss er, sein Glück selbst in die Hand zu nehmen. Während eines Urlaubs in Kalifornien stattete er, auf Vermittlung der Gastfamilie bei der er diesen Urlaub verbrachte, dem Fullerton College vor den Toren von Los Angeles einen Besuch ab. Hier ließ man ihn wissen, dass er gerne einmal am Training der Fullerton Hornets teilnehmen könne; allerdings unter der Voraussetzung, dass er am College eingeschrieben sei.

Zurück in Deutschland machte er sich daran, seinen Traum zu verwirklichen. Nach knapp einem halben Jahr Vorbereitung, erhielt er im Juli 2010 sein Visum. Ende Juli erfolgte der Umzug nach Kalifornien, nur wenige Tage später nahm er zum ersten Mal am Training der Collegemannschaft teil. Vor diesem machten ihm die Coaches noch wenig Hoffnung auf einen festen Platz im Roster, da die Saison schon wenige Wochen später beginnen sollte, und sich neben Justin noch 180 andere Spieler um einen Platz im Team stritten. Durch diese Aussage ließ er sich jedoch nicht von seinem Weg abbringen - Tag für Tag gab er im Training alles und wurde belohnt: Beim ersten Saisonspiel stand Justin als Defensive End in der Startformation der Hornets.

Wie er selbst sagt, tat er sich anfangs noch sehr schwer, sich an die veränderten Bedingungen- wie zum Beispiel das wesentlich höhere Tempo - gegenüber dem Football in Deutschland zu gewöhnen, doch bereits in diesem ersten Jahr am Fullerton College konnte sich seine Statistik sehen lassen: 22 Tackles, 5 Tackles for Loss und 3 Sacks standen für ihn zu Buche. Und auch für das Team der Hornets war die Saison von Erfolg gekrönt, im Golden Empire Bowl setzten sie sich mit 64-49 gegen das College of the Canyons durch.

Im Anschluss lernte Justin nun auch die Knochenmühle „Saisonvorbereitung“ im College Football kennen: Von Januar bis Juli pendelte er meist zwischen Kraftraum und Konditionstraining, 5 Mal die Woche, 4 Stunden am Tag. In seiner zweiten Saison am College lief er dann als Teamcaptain für die Hornets auf und konnte in 10 Spielen 43 Tackles, davon 14,5 for Loss, was Teambestwert war, 2 Forced Fumbles und 8 Sacks für sich verbuchen. Das Online-Portal JCGridiron.Rivals.com, ein Netzwerk welches sich ausschließlich dem College-Sport widmet, ernannte ihn anschließend zum zweitbesten Weakside Defensive End eines Junior College Teams landesweit. Ebenso wurde er von der Southern California Football Association in das zweite All-Star-Team der National Divison Southern Conference gewählt.

So zeichnete sich vor Ende der Saison schon ab, dass Justin den ersten Teil seines USA-Aufenthalts mit Bravour bestanden hatte. Abseits des Feldes kam er auf Grund seiner hervorragenden Leistungen zu akademischen Ehren und auch die ersten Universitäten nahmen Kontakt zu ihm auf, um ihn für die neue Saison als Spieler und Student zu gewinnen. Neben California, Kansas State, Marshall und San Jose State bewarb sich auch die University of Wyoming um ihn. Für diese entschied er sich letztendlich, da das Gesamtpaket laut seiner Aussage dort am passendsten war. Ausgestattet mit einem Vollstipendium erhält er dort die Möglichkeit, den Bachelor-Titel in Bewegungs- und Ernährungswissenschaften anzustreben. Mit den Wyoming Cowboys wird er ab dem kommenden Herbst, in der Mountain West Conference der höchsten College-Football-Liga, auf so renommierte Universitäten wie Fresno State, Boise State, Idaho und Texas treffen. Auch dürfte ihm die Eingewöhnung in Wyoming ein wenig leichter fallen als am Fullerton College, da bereits drei deutsche Spieler im Kader der Cowboys stehen.

Selbstverständlich hat auch Justin, wie wohl jeder andere College-Spieler, den Traum von der NFL ständig im Hinterkopf. Dieser ist für ihn allerdings noch sehr weit weg. Im Moment gilt seine ganze Aufmerksamkeit der nächsten Saison und seinem Hochschulabschluss, den er, wenn alles glatt läuft, 2015 machen wird. Bis dahin dürfte sich auch zeigen, ob und wie realistisch dieser Traum für ihn ist.

Zurückblickend würde er seine Familie, die ihn immer unterstützt hat, und seine Coaches bei den Scorpions, wie zum Beispiel Andre Taduschewski, Matthias Mecherlein und Andreas Mecherlein, als seine größten Förderer bezeichnen. Und selbstverständlich hält er auch regen Kontakt zu den Weggefährten aus der Heimat, auch wenn er es selbst bedauert, dass er seit seinem Wechsel in die USA, erst ein Mal die Zeit gefunden hat, dieser einen Besuch abzustatten. Schließlich liegen hier seine Wurzeln und dies wird er auch nie vergessen, versichert er.

So werden die Stuttgart Scorpions also weiter aufmerksam den Werdegang von Justin Bernthaler verfolgen, allen voran der Vorsitzende Markus Würtele: „Natürlich sind wir sehr stolz darauf, dass ein Spieler, der aus unserer Jugend hervorging, einen solch großartigen Weg eingeschlagen hat und sehen das auch als Bestätigung für die Qualität unserer Jugendarbeit an. Wir wünschen Justin für die Zukunft nur das Beste und freuen uns auf ein Wiedersehen – zuhause bei schwäbischem Essen, Freunden und Familie “.
JH