Nach aufopferungsvollem Kampf sollte es am Sonntag im Spiel gegen die Marburg Mercenaries wieder nicht zum ersten Saisonsieg der Stuttgart Scorpions reichen. Bei der bisher besten Saisonleistung schöpfte das Team von Headcoach Jermaine Guynn jedoch zum ersten Mal sein volles Potential aus und scheiterte erst mit dem letzten Spielzug knapp am Tabellendritten aus Marburg mit 27:30.

Als Stuttgarts Richard Samuel mit noch rund zwei Minuten Spielzeit im vierten Viertel sein Team durch einen spektakulären einhändigen Catch über 27 Yards bis an die Goalline der Marburg Mercenaries brachte, wurde es laut im Gazi-Stadion. Der anschließende Touchdown von Tight End Jakob Johnson zur 27:23 Führung der Scorpions war der Auftakt in eine von Spannung geladene Schlussphase und leitete eine noch spektakulärere Abwehrschlacht der Stuttgarter Defense ein.

Nach einem guten Return und zwei langen Pässen hatte sich Marburgs Offense zwar schnell wieder vom Schock des Rückstands erholt und an die 10-Yard-Linie der Scorpions gespielt, doch getragen von den Fans und einer unglaublichen Atmosphäre auf der Waldau stemmte sich die Verteidigung nochmals mit aller Kraft gegen einen weiteren Touchdown der Gäste. Bei noch einer Minute und 27 Sekunden auf der Uhr zeigte der Downmarker den vierten Versuch und Goal mit noch 6-Yards bis zur Endzone. In den drei Versuchen zuvor hatte die Stuttgarter Defense nur vier Yards zugelassen und den besten Angreifer der Gäste, Silas Nacita, ausgeschaltet. Kurz vor Ende der Partie und vier Punkte im Rückstand blieb den Mercenaries nur die Möglichkeit den vierten Versuch auszuspielen. Diesen konnten die Gäste zwar zunächst in einen Touchdown verwandeln, doch eine Strafe gegen die Offense führte zur Aberkennung der Punkte und zur Wiederholung des Versuchs. Ein weiteres Thriller-Play folgte, in dem Mercenaries Quarterback Robert Webber von Stuttgarts Defensive Line weit ins Backfield gedrängt und mehrmals beinahe gesackt wurde. Mithilfe mehrerer Drehungen schaffte Webber es jedoch, seinen Verfolgern zu entkommen und den Ball in die Endzone zu werfen. Dort schlug Stuttgarts Cornerback Colin Barrier in einem hart umkämpften Duell mit seinem Gegenspieler den Ball zu Boden. Die Schiedsrichter entschieden auf Passbehinderung und so folgten anstelle eines Turnover on Downs vier weitere Versuche für die Mercenaries. Mit dem Ball nur ein Yard von der Goalline entfernt stand Stuttgart ein weiteres Mal mit dem Rücken zur Wand, aber auch hier verhinderte eine Strafe zunächst Schlimmeres. Im dritten Play in Folge warf ein Schiedsrichter seine gelbe Flagge aufs Feld, dieses Mal aufgrund eines illegalen Feshalten durch einen Offensive Lineman. Der Touchdownlauf von Runningback Allzweckwaffe Nacita war egalisiert. In der Folge hielt Stuttgart den Gegner mit zum Teil beeindruckenden Abwehraktionen aus der eigenen Endzone heraus und so hieß es nach drei Downs wieder vierter Versuch und sechs Yards bei noch 47 Sekunden Spielzeit auf der Uhr. Mit einem Fade-Pass rechts in die Endzone visierte Mercanaries Quarterback Webber erneut Nacita an, der den Ball trotz enger Deckung fangen konnte und so die 27:30 Führung für Marburg herstellte. Den Stuttgartern blieben danach noch 42 Sekunden um noch mindestens ein Field Goal für ein Unentschieden zu erzielen, doch am Ende reichte die Zeit trotz einiger angekommener Pässe von Michael Eubank nicht mehr zu einem Score.

Die Partie hatte schon mit viel Schwung und einer im Vergleich zu den Vorwochen deutlich verbesserten Stuttgarter Mannschaft begonnen. Während die Offense in der ersten Hälfte jeden ihrer drei Drives mit Punkten beenden konnte (zwei Touchdowns und ein Field Goal) und sich zunächst durch Läufe und kurze Pässe Sicherheit holte, zeigte die Defense ihre Stärke vor allem in der Redzone, wo sie die Gäste in den ersten beiden Drives bei nur sechs Punkten durch zwei Field Goals halten konnte. Generell merkte man den Schwaben nach der spielfreien Woche auf beiden Seiten des Balles eine bessere Abstimmung an. Marburg verließ sich hingegen voll auf die Dienste seines Ausnahmespielers Silas Nacita. Bei allen wichtigen Downs wurde dem US-Amerikaner der Ball entweder übergeben oder zugepasst. Bei zwei wichtigen Downs nahe der Goalline der Scorpions positionierte sich Nacita, eigentlich Runningback, sogar selbst auf der Spielmacherposition und schaffte es zu Beginn der zweiten Hälfte von dort einen Touchdown zu erlaufen. Nacitas Gefährlichkeit voll auszuspielen war für die Gäste auch deshalb wichtig, da der eigentliche Stammquarterback der Mercenaries, Alex Thury, nach einer Verletzung erst vor wenigen Tagen durch US-Import Robert Webber ersetzt wurde. Die noch fehlende Abstimmung zwischen dem neuen Spielmacher und seinen Receivern wurde einige Male bei Fehlpässen in Richtung offener Receiver sichtbar.

Von Beginn der Partie bis zum letzten Play schenkten sich die beiden Teams kein Yard Raumgewinn. In der Folge schaffte es auch keine der beiden Mannschaften, sich entscheidend abzusetzen. Nach zwei Touchdowns und einem Field Goal der Scorpions und einem Touchdown und drei Field Goals der Mercenaries, ging es mit einer knappen 17:16 Führung für die Gastgeber in die Halbzeitpause. Ein Touchdown der Gäste durch Nacita und ein langes Fieldgoal der Scorpions durch Flöser im dritten Quarter führten zum zwischenzeitlichen 20:23 für Marburg und leiteten das spektakuläre Finale der Partie ein.

Trotz der erneuten Niederlage gehen die Scorpions gestärkt aus dem Kräftemessen mit dem Tabellendritten des Südens heraus. Vor allem die Art und Weiße des Auftretens des Teams von Trainer Jermaine Guynn und der deutliche Schulterschluss mit den Fans, die auch in der aktuell schwierigen Phase voll hinter ihrer Mannschaft stehen, machen Vorfreude auf die nächsten Partien. Am kommenden Sonntag wartet jedoch schon die nächste schwere Aufgabe auf die Schwaben. Dann geht es erneut zu Hause gegen den Tabellenführer Schwäbisch Hall Unicorns (Kickoff 15 Uhr). Auf die Marburg Mercenaries warten am nächsten Wochenende zu Hause die Ingolstadt Dukes.

Bild: Sarah Philipp

Ähnlicher Artikel